Pflasterstein mit Blumen
Lili Grünewald,
Anja-Maria Plieske:
Neue Sicht auf altes Gemäuer

Die Ausstellung wurde betreten durch das Atelier im Erdgeschoss des Hagenschen Freihofes. Der Weg führte durch einen weiteren Raum im Erdgeschoss zu einer Treppe, die in einen der beiden Kellerkomplexe des ehemals adeligen Freihofs führt.

Die Anatomie dieses Kellers ist keine geplante, sondern eine im Verlauf von weit über 600 Jahren gewachsene. Asymmetrie, unterschiedliche Boden- und Deckenhöhen, unterschiedliche Steine, unterschiedliche Gewölbe und drei unterschiedliche Aufgänge ins Haus oder den Innenhof begegnen auf dem Weg vom Betreten des Kellers durch ein enges Gangelement, gefolgt von drei kleineren Raumausbuchtungen - treppauf - treppab - bis hin in ein ungewöhnlich hohes und großes Kellergewölbe, in dessen quadratischer Mitte eine ansehnliche Schmucksäule steht.

Ästhetik des Zerfalls Detail
Objekt mit Spiegel

Der mittlere Aufgang - er führt geradlinig und kurz aus dem dunklen Gewölbe in den meist Sonne beleuchteten Innenhof - war seiner praktischen Funktion entzogen. In strenger Symmetrie spannten sich helle Fäden in paralleler Anordnung von der untersten Stufe bis hinter die oberste. Ebenso bespannt waren Wände und Decke, an denen aufgrund der Architektur geometrische Muster entstanden. Am Boden bildeten leicht rechts von der Mitte zwei rote Seidenschnüre einen super spitzen Pfeil nach oben.

Ästhetik des Zerfalls Detail
Ästhetik des Zerfalls Detail
Während die an der Seite und der Decke gespannten Schnüre als illusionäres Linienmuster in streng geometrische Diskrepanz zu den darunter liegenden „buckeligen“ Wänden traten, entzogen die über die Stufen gespannten Fäden die Treppe ihrer praktischen Funktion. Wie gehemmt blieb man vor der Treppe, die doch einlud ins Licht zu steigen, stehen. Man konnte sie nicht benutzen, sondern war gehalten, sie zu betrachten. Ein eigenartig schwebendes Gefühl entstand wenn der Blick entlang der feinen Fäden von unten nach oben glitt. Die Treppe war zum Objekt geworden.
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